Arbeitskreis Digitale Kunstgeschichte
Samstag, 30. März 2019, 17:45–18:15 Uhr, ZHG, Hörsaal 008
Lukas Fuchsgruber, Berlin

Vom Fotoobjekt zum virtuellen Objekt. Diskussion einer Arbeits- und Vermittlungsumgebung für digitalisierte Archivalien

Eine ganze Palette von Werkzeugen steht zur Erschließung, Analyse, Verarbeitung und Vermittlung von digitalisierten Texten und Bildern bereit. Aus gängigen technischen Abläufen lassen sich dabei Oberflächen zusammenstellen, die auf die vorliegenden Daten, die angestrebte öffentliche Zugänglichmachung und die eigenen Forschungsfragen passen.
Der Vortrag will ein Diskussionsbeitrag dazu sein, wie eine solche Oberfläche aussehen kann, die dazu dient, aus einem Foto im Archiv mehr zu machen: ein virtuelles Objekt. Dieses Objekt ist virtuell insofern, als dass es die Bearbeitung und Darstellung von Daten und Medien zu einem nicht physikalisch verfügbaren Objekt in einer digitalen Umgebung bedeutet. Es geht hierbei weder um die Repräsentation existierender Sammlungsgegenstände noch die visuelle Rekonstruktion von Verlorenem (etwa in 3D), sondern um Bildwissenschaft und Datenverarbeitung.
Bei dem praktischen Beispiel, von dem der Vortrag ausgeht, handelt es sich um das Fotoarchiv des 1899–1937 existierenden „Verbands der Museumsbeamten zur Bekämpfung von Fälschungen und unlauterem Geschäftsgebaren“. Dieser Verband pflegte ein internes Bildarchiv sowie interne Publikationen zu Fälschungsfällen. Im 2018 angelaufenen Forschungsprojekt werden diese Publikationen als strukturierte und relationale Daten verarbeitet und mit den Bildern verknüpft. So erscheinen diese als virtuelle Objekte, an deren Bild- und Textdaten sich Diskurse, Praxen, Netzwerke und ökonomische Zusammenhänge erforschen und darstellen lassen. Verknüpfte Daten werden dabei in ein Wechselverhältnis zum Bild gesetzt. Museumsgeschichte zeichnet sich hier vielfältig ab, zum Beispiel betreffend der Themenfelder Expertise, Technologie und Markt. Als Prototyp soll dieses Interface für andere Fragestellungen bei einem vergleichbar vorliegenden Text-Bild-Konvolut anpassbar sein.
Ziel des Vortrags ist es nicht nur, in der Austausch über verschiedene „Bausätze“ des digitalen Forschens und Vermittelns zu treten, sondern auch, insbesondere mit Museumsleuten darüber ins Gespräch zu kommen, wie dieser digitale Ansatz mit dem Museum als einem physikalischen Ausstellungs-, Untersuchungs- und Aufbewahrungsort sowie einem Wissens- und Datenspeicher gut zusammenwirken kann. Fragen, die aufkommen, sind beispielsweise die des Publikums als Nutzende, die eigene Fragestellungen mitbringen, aber auch das Verhältnis von musealen Registern und den komplementären virtuellen Objekten, die dort eine abwesende Leerstelle sind.
Kurzbiografie Lukas Fuchsgruber
2005–2012Studium der Kunstgeschichte und Wirtschaftswissenschaft in Berlin und Nürnberg (M.A. Kunstwissenschaft und Kunsttechnologie)
2011–2014Mitarbeiter im DFG/ANR-Projekt „ArtTransForm“
seit 2014Mitarbeiter am Forum Kunst und Markt in Berlin, Mitkonzeption des jährlichen Workshops, Betreuung des Nachwuchsnetzwerks
2013–2018Promotion zu Kunstauktionen im 19. Jahrhundert und der Gründung des Hôtel Drouot (mehrere Forschungsaufenthalte in Frankreich, Förderung durch die Studienstiftung und das Deutsch-Französische Doktorandenkolleg)
2016–2017Wiss. Mitarbeiter am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg
2018Wiss. Mitarbeiter an der Technischen Universität Berlin
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Kunstmarkt; Fälschungen; Fotoobjekte; digitale Kunstgeschichte; Museumsgeschichte des 20. Jh.s
Publikationsauswahl
  • Virtualität und Ökonomie. Ästhetische Potentiale der vernetzten Hypergraphik, in: kunsttexte.de 3/2016, Themenheft Hyperimages in zeitgenössischer Kunst und Gestaltung.
  • Markt und Manipulation in der historischen Auktionshausliteratur, in: Trajectoires 10/2016.
  • The Hôtel Drouot as the stock exchange for art. Financialization of art auctions in the nineteenth century, in: Journal for Art Market Studies Vol. 1, Nr. 1 (2017), S. 34–46.
  • (Hg. mit Thomas Skowronek) Journal for Art Market Studies Vol. 1, Nr. 2 (2017): Theories of the Art Market: Data – Value – History.
  • Experts and Auctioneers in Paris Art Auctions 1852–1862, in: graphcommons.com, 2017.