Sektion 6: Das Kunstwerk im Spannungsfeld von Kultur und Märkten
Freitag, 29. März 2019, 14:45–15:15 Uhr, ZHG, Hörsaal 104
Christian Huemer, Wien

„Voilà des effets terribles du succès“: Monets Serienproduktion und der internationale Kunstmarkt um 1900

Claude Monet ist weithin bekannt als Maler von Serien, eine künstlerische Praxis, die er in den 1880er Jahren begann und bis zu seinem Tod 1926 systematisch weiterverfolgte. Präsentiert wurden diese zumeist als Ensembles in Galerien von Kunsthändlern, wie etwa die berühmte Serie der „Getreideschober“, die 1891 mit 15 Leinwänden bei Paul Durand-Ruel in Paris ausgestellt war, um anschließend als Einzelstücke in die ganze Welt verkauft zu werden.
Monet löste damit die jahrhundertealte Spannung zwischen künstlerischer Originalität und effizienzsteigernder Serienproduktion für den freien Markt. Denn einerseits waren die Wahl des Bildmotivs, nahezu abstrakte Komposition und offene Faktur ästhetisch durchaus radikal, andererseits entsprach die Wiederholung (répétition) eines extrem reduzierten Sujets durchaus dem Markterfordernis ressourcenschonender Studiopraxis. Zwar arbeitete Monet nicht arbeitsteilig, wie jene altniederländischen Werkstätten, die durch reproduktive Verfahren erfolgreiche Prototypen – z. B. für private Andachtsbilder – in diversen Abwandlungen mehrfach verwerteten. Aber die oft minimalen atmosphärischen Veränderungen, die das Multiple zum Unikat machen sollten, waren für die Zeitgenossen mitunter nicht mehr als Legitimation erfolgreicher Vermarktung.
In diesem Vortrag möchte ich anhand der von Michael Montias in die kunsthistorische Debatte eingeführten Konzepte von „Prozessinnovation“ und „Produktinnovation“ die Serienbilder von Claude Monet neu bewerten. Es stellt sich die Frage, inwiefern repetitive Arbeitstechnik, schlüssige Präsentation und private Vertriebs- bzw. Verwertungskanäle miteinander in Beziehung gesetzt werden können. Obwohl die Kunstmarktforschung in den letzten Jahren zu einem weiten Feld der Kunstgeschichte angewachsen ist, gibt es weiterhin kaum Studien zum „Einfluss ökonomischer Faktoren auf Stil“ (Montias).
Kurzbiografie Christian Huemer
2002Mag. phil. in Kunstgeschichte in Wien („Charles Sedelmeyer (1837–1925): Kunst und Spekulation am Pariser Gemäldemarkt“)
2013Promotion am Graduate Center, City University of New York („Paris–Vienna: Modern Art Markets and the Transmission of Culture 1873–1937“)
2008–2017Leitung des Project for the Study of Collecting and Provenance am Getty Research Institute, Los Angeles
seit 2014Editor-in-Chief der Buchreihe „Studies in the History of Collecting & Art Markets“, Brill Publishers
seit 2015Section Editor (France, Austria, Switzerland, Liechtenstein) des Art Market Dictionary, De Gruyter
seit 2016Founding Member & Fundraising Officer der International Art Market Studies Association, London
seit 2017Hauptabteilungsleitung des Belvedere Research Center, Wien
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Geschichte des Kunstmarkts / Geschichte des Sammelns / Provenienzforschung; digitale Kunstgeschichte; Geschichte der österreichischen Kunst
Publikationsauswahl
  • Impressionism and the Viennese Art Market, in: Centropa VIII (Jänner 2008), S. 105–118.
  • Crossing Thresholds. The Hybrid Identity of Late Nineteenth-Century Art Dealers, in: Jaynie Anderson (Hg.), Crossing Cultures. Conflict – Migration – Convergence, Melbourne 2009, S. 1007–1011.
  • (Hg. mit Uwe Fleckner und Thomas W. Gaehtgens) Markt und Macht. Der Kunsthandel im „Dritten Reich“ (Schriften der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ 12), Berlin 2017.
  • (Hg. mit Susanna Avery-Quash) London and the Emergence of a European Art Market, c. 1780–1820, Los Angeles (erscheint 2019).
  • (mit Filip Vermeylen) A History of the Art Market. Renaissance to Today, in Vorbereitung.