Sektion 4: Konvolut – Ensemble – Objektkollektiv
Samstag, 30. März 2019, 10:15–10:45 Uhr, ZHG, Hörsaal 009
Ulrike Weinhold, Dresden

Silberbuffets am Dresdner Hof als Mittel der höfischen Interaktion

Ephemere Schaubuffets mit ausgesuchten Goldschmiedewerken spielten vom 16. bis in das frühe 20. Jahrhundert eine wesentliche Rolle im Rahmen fürstlicher Repräsentationsstrategien. Am Beispiel des Dresdner Hofes soll untersucht werden, bei welchen Anlässen derartige Aufbauten zum Einsatz kamen, welcher Stellenwert ihnen im Rahmen des höfischen Zeremoniells zukam und welche Kriterien bei der Zusammenstellung der Konvolute entscheidend waren. Ging es allein um barocke Prachtentfaltung oder verbanden sich mit den ausgewählten Silberobjekten politische Botschaften?
Im Fokus steht die Zeit des sächsisch-polnischen Kurfürst-Königs Augusts des Starken, der das Medium ganz bewusst und auf innovative Weise für seine Zwecke einzusetzen wusste: Zu seiner Krönung zum König von Polen in Krakau 1697 sah er ein Buffet vor, das in Quantität und Qualität den üblichen Rahmen sprengen sollte, und anlässlich der Hochzeit seines Sohnes mit der Kaisertochter Maria Josepha im Jahr 1719 integrierte er in die Enfilade der Festräume des Schlosses erstmals einen komplett mit Silber ausstaffierten Raum. Damit wies er dem Buffet innerhalb des höfischen Zeremoniells eine veränderte Funktion zu. Auch mit der Einrichtung zweier Silberzimmer im barocken Gesamtkunstwerk des Grünen Gewölbes hatte die traditionelle Idee des ursprünglich in Tafelnähe platzierten ephemeren Silberbuffets einen grundlegenden Form- und Bedeutungswandel erfahren.
Von großem Interesse ist in diesem Kontext ein bislang kaum bekanntes Konvolut von Entwürfen mit Silberbuffets im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden. Diese zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstandenen Blätter, deren Entstehungskontext bislang im Dunkeln bleibt, werden nicht nur befragt nach den formalen wie ikonografischen Aspekten, die bei der Konzeption derartiger Arrangements eine Rolle spielten. Sie können auch Antworten geben auf die Frage nach der Positionierung des Dresdner Hofes in Abgrenzung zu Gestaltungskonzepten anderer Fürstenhöfe.
Der Vortrag stellt Ergebnisse des seit 2014 am Grünen Gewölbe laufenden und von den Freunden des Grünen Gewölbes sowie der Fritz Thyssen Stiftung unterstützten Forschungsprojekts zum Thema „Goldschmiedekunst des 16. bis 18. Jahrhunderts am Dresdner Hof als Mittel der höfischen Repräsentation“ vor.
Kurzbiografie Ulrike Weinhold
1983–1990 Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Kommunikationswissenschaften in München (Magisterarbeit: „Das Spätwerk von Matthäus Günther in Tirol: Die Fresken“)
1994–1998Promotionsstudium an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg („Emailmalerei an Augsburger Goldschmiedearbeiten von 1650 bis 1750“)
1998–2000Volontariat an der Rüstkammer und am Grünen Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
seit 2000Konservatorin am Grünen Gewölbe, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Goldschmiedekunst der Renaissance und des Barock
Publikationsauswahl
  • Emailmalerei an Augsburger Goldschmiedearbeiten von 1650–1750 (Forschungshefte Bayerisches Nationalmuseum München 16), München/Berlin 2000.
  • (mit Dirk Syndram) „...und ein Leib von Perl“. Die Sammlung der barocken Perlfiguren im Grünen Gewölbe, Bestandskat., Dresden/Wolfratshausen 2000.
  • Maleremail aus Limoges im Grünen Gewölbe, Bestandskat., Dresden/München/Berlin 2008.
  • (Hg. mit Dirk Syndram und Monika Bachtler) Die Faszination des Sammelns. Meisterwerke der Goldschmiedekunst aus der Sammlung Rudolf-August Oetker, Bielefeld/Dresden/München 2011.
  • (Hg. mit Martina Minning) Zwischen Orient und Okzident. Schätze des Kreml von Iwan dem Schrecklichen bis Peter dem Großen, Ausstellungskat. Dresden 2012/13, Berlin/München 2012.