Das Konzept der „guten Form“ scheint in der heutigen Gestaltung obsolet, enttarnt als ideologische Geschmackserziehung und nicht mehr tragbare formale Doktrin. Doch hat die „gute Form“ bis in unsere Tage noch immer ein beachtliches Fortleben: Vom Designdiskurs der Schlichtheit und Reduktion bis hin zur Rhetorik von Funktion und Minimalismus reicht ihr Weiterwirken.
Die Idee der „guten Form“ wurde populär durch die gleichnamige Ausstellung von Max Bill, die 1949 im Rahmen der Baseler Mustermesse stattfand. Bill wollte seinen eigenen Worten nach „das schlichte, das echte – eben das gute – zeigen“ (Wegleitung 183, Kunstgewerbemuseum Zürich, 1950). Schon diese Formulierung zeigt, dass der Anspruch weit über das rein Formale hinausging. Schlichtheit und Echtheit beziehen sich auf die Form und das Material, in dem Wort „gut“ steckt über das Ästhetische hinaus aber auch eine moralische Haltung. Durch Gestaltung sollte ein „Gutes“ auf die Gesellschaft einwirken, das auch in einem regelrechten Erziehungsprogramm umgesetzt wurde. Aus heutiger Sicht ist der damalige Aktionismus sicher hochproblematisch, aber er hat die Nachkriegszeit in Deutschland geprägt wie kein anderes Paradigma.
Die Referate spannen den Bogen vom Vorläufer-Konzept der „technischen Form“ ab 1907 bis zur Wiederaufnahme unter dem Begriff der „guten Form“ in der Nachkriegszeit (Flagmeier). Kaum eine Firma verstand es besser als Melitta, die propagierte Form umzusetzen (Korinsky), und kaum eine Schule hatte mehr Anteil an deren Vermittlung als die HfG Ulm (Rapp/Haaf). Allerdings stießen die Versprechen des Formbegriffs auch an ihre Grenzen, was sich vor allem im Umbruch des Designverständnisses Ende der 1960er Jahre offenbarte (Meyer).