Berufsgruppe Museen
Annette Löseke, Berlin

Sammeln, bewahren, forschen, vermitteln ... und engagieren?!

Der Vortrag stellt zur Diskussion, wie sich Kunstmuseen und Offspaces vor dem Hintergrund sich verschärfender gesellschaftlicher Spannungen im Austausch mit weiteren Museumssparten, -disziplinen und -typen positionieren könnten. Wo lassen sich Synergien erzeugen hinsichtlich neuer Ausstellungs- und Vermittlungsformate und aktueller (im deutschsprachigen Raum bislang allerdings wenig differenziert verwendeter) Ansätze wie Besucher/-innen-Orientierung, Partizipation oder Co-Kuration? Wie sind zivilgesellschaftliche Initiativen und aktivistisch auftretende Akteurinnen und Akteure quer durch das politische Spektrum einzuschätzen, wertzuschätzen oder zurückzuweisen, die vermehrt den Kultur- und Museumssektor als Aktionsfeld nutzen?

Anhand zweier Ausstellungen wird diskutiert, wie sich Kunstmuseen zu intensiv diskutierten Themen rund um dekoloniale, post-migrantische, gender-zentrierte oder klimapolitische museale Konzepte in einem zunehmend rauer werdenden politischen Umfeld aufstellen könnten. Das erste Beispiel ist die Modern Collection der Calouste Gulbenkian Foundation in Lissabon, die neben den Kunstwerken auch reichlich Archivmaterial ausstellt, um die Rolle des politisch-ökonomisch-sozialen Ökosystems bei der Kunstproduktion und -geschichtsschreibung zu erkunden. Die zweite Ausstellung – „Fast Fashion. Die Schattenseiten der Mode“ am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg – lädt Besucherinnen und Besucher durch einen sowohl forschungsgestützten als auch kritisch-engagierenden dreiteiligen Ansatz ein, wechselnde Perspektiven einzunehmen, sich mit dem eigenen Verhalten im Alltag auseinanderzusetzen und gemeinsam mit anderen alternative Verhaltensweisen auszuprobieren.

Welche neuen Ausstellungs- und Vermittlungsmodelle zu „schwierigen“, zunehmend polarisierenden Themen lassen sich für Kunstmuseen entwickeln? Welche neuen kunsthistorisch zentrierten, aber interdisziplinär angelegten Forschungsfragen lassen sich daraus formulieren? Welche neuen Einsichten hinsichtlich Partizipation oder Co-Kuration könnte eine interdisziplinär strukturierte Kooperation zwischen verschiedenen Museen einerseits und sich allmählich etablierenden akademischen Forschungs- und Lehrfeldern wie Museum Studies und Curatorial Studies andererseits liefern?
Kurzbiografie Annette Löseke
2006MA in Arts Management an der City University London
seit 2010Besucher/-innen-Forschungsprojekte / Evaluationen (u. a. Staatliche Museen zu Berlin, Humboldt Lab Dahlem, Gast-Lehraufträge im Joint MA Programme Curating the Contemporary der Whitechapel Gallery und der London Metropolitan University)
2013Promotion in Kunstgeschichte an der Universität Bonn
2014–2017/18Lecturer in Empirical Visitor Studies im Master-of-Museology-Programm an der Reinwardt Academy, Amsterdam University of the Arts (2015–16 Visiting Lecturer im Reinwardt International Programme)
seit 2015Lecturer in Museum Studies an den Departments für Kunstgeschichte und Soziologie der New York University (NYU), Berlin Campus (Affilation NYU, NY)
2018–2020Lehrbeauftragte im MA-Programm Curatorial Studies am Institut für Kunstgeschichte der Goethe-Universität Frankfurt am Main
2021Visiting Lecturer in Museum Studies, Arts and Society Programm am Bard College, Berlin Campus (Affilation Bard College, Annandale-on-Hudson, NY)
Forschungs- bzw. Arbeitsschwerpunkte Critical Museum Studies; Curatorial Studies; Kunstgeschichtsschreibung (Museen, Ausst., Kunsthandel, Aktivismus, Off-Spaces); empirische Publikums- und Stakeholderforschung; Agency/Protest/Widerstand
Publikationsauswahl
  • Experimental exhibition models: curating, designing and managing experiments. A case study from the Humboldt Lab Dahlem, in: Suzanne MacLeod et al. (Hgg.): The Future of Museum and Gallery Design, Abingdon 2018, S. 189–199.
  • Transhistoricism. Using the past to critique the present, in: Simon Knell (Hg.): The Contemporary Museum: Shaping Museums for the Global Now, Abingdon 2019, S. 142–151.
  • Museum Island on Show? Berlin’s New James Simon Gallery and the Politics of Museum Space, Paper, Konferenz „The Museum on Show“, Ecole du Louvre und Louvre, Paris 2021.
  • Challenging the Framing of ‘Asia’ and the Role of the KVVAK (Royal Dutch Asian Art Society). The Asian Pavilion at the Rijksmuseum in Amsterdam, in: Kunsttexte, Special Issue: Asia Collections outside Asia (Reihe Transcultural Perspectives), 2021.
  • The Politics of Contemporary Art Museums. Calouste Gulbenkian's Modern Collection in Lisbon, in: Kristian Handberg und Malene Vest Hansen (Hgg.): Curating the Contemporary in the Art Museum, Abingdon 2021 (im Erscheinen).